Ich bin so nichtsahnend beim Basteln, als meine Freundin meinte, ich könne ihr ja auch mal nen rosa Panzer bauen.
Na ja, sowas nimmt man ja nicht ernst. Aber nach mehrfacher Wiederholung dieses Wunsches, begann ich doch mal, mich mit der Idee auseinanderzusetzen.
Und das heißt bei einem Modellbauer ja als erstes: Vorbildstudium. Bei der Suche nach einem rosa Panzer stolperte ich dann schließlich über diesen T-35/85. Der steht in Londen, nur ein paar Minuten Fußweg südlich der Tower Bridge. Der Panzer kam ursprünglich als Filmrequisite nach England und wurde dann von einem Grundstückbesitzer nach Abschluss der Dreharbeiten gekauft und auf sein Grundstück gestellt. Die Kanone wurde der Legende nach auf die Behörde ausgerichtet, die dem besagten Grundstückbesitzer den Bau von Wohnungen auf der Immobilie zuvor die Genehmigung verweigert hatte.
Im Jahr 2002 wurde der T-34 im Rahmen eines Kunstprojektes der polnisch-schwedisch-amerikanischen Künstlerin Alexandra Mir rosa lackiert. Und der Panzer sollte es werden. Und auch nicht nur der Panzer, sondern – wenn man schonmal dabei ist – auch das Grundstück.
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So viel zur Einleitung. Jetzt zum Bau. Ausgangspunkt ist der T-34/85 von Dragon (Kit No DML7269) in 1:72
Wie man beim Studium des Originals sieht, war der londoner T-34 ein später T-34/85 und hatte Scheibenräder. Somit war ich froh, zu sehen, dass MR-Modellbau genau diese Räder in Resin anbot (MR 72070).
Eduards Ätzteil-Set (22099) wurde zur weiteren Detaillierung herangezogen und die Ketten wurden durch Photoätzteil-Ketten von Voyager (PE72009) ersetzt. Ja, ja, ihr habt richtig gelesen: Einzelgliederketten aus Photoätzteilen in 1:72!
Die Detaillierung und Qualität des Dragon-Bausatzes ist toll. Ein echter Schüttelbausatz.
Um dem Original noch etwas näher zu kommen, waren aber noch ein paar Anpassungen erforderlich. Den Anfang machten die Auspuffe, die wellenförmige Montageplatten haben. Es gibt zwar von MR Modellbau eine Konversion zum späten sowjet oder czechischen T-34/85 (MR-72047) aber da ich nur die Auspuffe und das Metallrohr gebraucht hätte, war mir das zu wenig. Somit baute ich die vorhandenen Auspuffe um und bohrte sie noch aus. Zwar nicht ganz korrekt, aber gut genug für micht.
Das nächste waren die vorderen Kotflügel. Diese wurden durch Edwards Ätzteile ersetzt. Nur, die waren rund. Die bei meinem Panzer aber eckig. Somit war hier ein bisschen schneiden, feilen und kleben angesagt.
Die Ersatzkettenglieder wurden nicht montiert, sondern nur die Halterungen. Alle Handgriffe wurden durch solche aus Kupferdraht ersetzt.
Die seitlichen Zusatztanks erforderten ein wenig Aufwand. Zunächst wurden die Aussparungen für die Aufnahmen an den Tanks selbst mit PS-Streifen verschlossen und überschliffen.
Alle Details wurden weggeschliffen, da ich die Falze an den Stirnseiten zu dick fand. Die Tanks wurden dann mit Aluminium-Folie umwickelt und mit PE-Teilen detailliert.
Der Einfüllstutzen wurde noch ergänzt und die Tanks dann auf die Halterungen aus dem Eduard Ätzteilsatz montiert.
Diese Halterungen machen einen echten Unterschied, wenn sie auch ein bisschen Aufwand erfordern. Die Position des Rücklichtes wurde an die des Londoner Panzers angepasst und die Oberflächenstruktur des Turmes wurde mit Mr. Surfacer 500 aufgetupft und leicht überschliffen.
Zu den Ketten:
Die sind ne echte Hausnummer.
Das kriegt man von Voyager für seine 5 €:
4 Platinen mit jeweils 40 Kettenteilen plus 20 Leitzähne. Glücklich, wer jetzt Tamiyas PE-Schere sein eigen nennt.
Wenn alles aus der Platine gelöst ist, kommt das Biegen an die Reihe:
das geht sehr geschmeidig.
Kanten mit Pinzette ausrichten:
Nochmal zusammendrücken:
Kleber braucht es nicht. Ein 0,3 mm Bohrer ist perfekt, um die Laschen darüber zu biegen
Zusammenbau.
Das funktionierte am besten mit den Fingern.
Jetzt den Draht einsetzen und fixieren. Der beiliegende Draht ist a) nicht lang genug und b) (zu) starr. Am besten gleich 0,3 mm Kupfer- oder Messing-Draht nehmen. Diesen nicht ganz gerade machen, dann verkantet er sich ein bisschen zwischen den Gliedern und rutscht nicht so leicht raus.
Jedes zweite Kettenglied erhält einen Führungszahn.
Ein paar Stunden später sieht die ganze Sache so aus:
Die Laufräder waren reichlich nervig, da die Aufnahmebohrung oft nicht zentrisch war und einige Blasen vom Resinguss zu verfüllen waren.
Führungs- und Treibrad aus dem Dragon-Kit wurden noch ausgebohrt.
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Trockenpassung:
Jetzt kann die Farbe kommen:
Farbe
Grundfarbe war Tamiya X17 mit X22. Hier waren einige Versuche erforderlich, bis ich mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden sein.
Die Ketten liefen wie geschmiert: auf der Grundlage von Tamiya X52 wurde schwarz (XT1) mit einem Tropfen Gunmetal (X56) nicht deckend aufgesprüht. Das gibt ein leicht metallisch erscheinendes Gesamtbild.
Da auf dem Original-Panzer kein Rost auf den Ketten zu sehen war, habe ich auch an meiner Miniatur auf eine entsprechende Darstellung verzichtet.
Die “Tarnung” war eine Qual. Zunächst den Farbton finden… Dann die gewählte Modell Color-Farbe durch die Spritzpistole zu bekommen… Dann das Maskieren… Dann das Demaskieren… Dann die dann erforderlichen Reparaturen…
Die Laufräder erhielten noch ihre Gummiringe mit dem Pinsel bemalt und dann wurden Räder und Ketten installiert. Auf eine Verwitterung habe ich weitgehend verzichtet, da der Panzer ja gerade vor ein paar Wochen lackiert worden ist. Ein leichter hellgrauer Filter und ein bisschen pin washing war alles.
Das Graffiti auf der linken Turmseite wurde über ein nach Photovorlage selbst hergestelltes Abziehbild per Hand gemalt.
Somit war der Panzer erstmal soweit fertig.
Also, auf zum Diorama:
Die Grundrisse der Gebäudefragmente wurden aus Styrodur hergestellt. Das Styrodur der Backsteinmauer wurde mit einer dünnen Künstlerton-Schicht überzogen, in die die Umrisse der Steine eingeritzt wurden.
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Nachdem das getrocknet war, erfolgte die Bemalung in verschiedenen Farbnuancen und die anschließende Verwitterung mit ein paar Washes. Dabei wurde der obere Abschnitt der Mauer mit helleren und weniger Washes behandelt, als der untere, um zu imitieren, dass der obere Teil später angefügt wurde. Abschließend wurden die Fugen mit Gipspulver zugeschmiert und nochmal drübergewashed (bitte nicht im Duden nachgucken ;-) ). Noch ein paar Beschädigungen aus den Steinen rausbrechen und ein bisschen Moos mit AK interaktiv green slime oben und unten simuliert. Fertig war das Mäuerchen.
Für ne erste Mauer eigentlich ganz ok. (Auch wenn ich mich belehren lassen musste, dass ich falsch gemauert habe).
Ich wollte unbedingt die Graffitis nachbilden, die von dem Künstler Banksey angefertigt wurden. Zwar entstanden die zu einem anderen Zeitpunkt als die rosa Lackierung des Panzers, aber hier habe ich mir die entsprechende künslterische Freiheit genommen.
Die Fotos aus dem Internet schickte ich meinem Bruder, der sie mir freistellte. Die so vorbereiteten Graphiken wurden in der Größe angepasst und ausgedruckt.
Die wasserlösliche Tinte auf dem Decal-Film wurde abschließend mit Microscale Liquid Decal Film geschützt.
Hier ein Eindruck von der zweiten Hauswand. Ich war ganz zufrieden damit.
Auch hier fand wieder Styrofoam und Styrodur zur Gestaltung der groben Form Anwendung. Diese wurden dann mit Reparaturspachtel überzogen und mit Enamel-Farben gewaschen. Plastikkarte diente als Dach.
Hier meckerten meine Modellbau-Kollegen so lange rum (danke Andreas!) bis ich auch überzeugt war, dass hier noch Handlungsbedarf besteht. Nach ein bisschen Vorbildstudium entschied ich mich für ein Dachpappen-Dach.
Aus Plastik-Profilen gestaltete ich einen Rahmen über den 600-Schmirgelpapier-Stücke geklebt wurden. Noch ein paar Washes und ein bisschen slime und ein paar Pigmente später sah die Sache doch schon ganz ordentlich aus:
Die ersten selbstgemachten Abziehbilder ließen sich prima verarbeiten und überlebten auch ein bisschen Verwitterung anstandslos. Noch ein Kabel verlegt und fertig.
Die Backsteinmauer erhielt eine ähnliche Konstruktion als Abdeckung und abschließend noch einen Holzzaun als Blickschutz.
So sieht das ganze dann zusammen aus:
Jetzt war die Grundplatte dran. Die Betonpfosten wurden aus 2 x 2 mm Profilen gestaltet und lackiert.
Bürgersteig:
Ein bisschen Arbeit war die Bepflanzung des Gartenanteils. Hier benötigte ich ein paar Ansätze. In meinem Fundus fand sich dann trockene Goldenrute, von der ich den fluffigen Anteil abzupfte und mit Weißleim aufklebte. Andere Bereiche wurden aus Hanfseil geschnitten.
Und so sah das ganze nach ein paar Stunden aus:
Und so nach dem Einfärben:
Der Zaun wurde installiert und mit Stacheldraht versehen (E.T. Model).
So sieht es fast fertig aus:
Die Rankpflanzen wurde mit Basilikum-Wurzeln und Streumaterial aus dem Modellbahn-Sortiment gestaltet.
Kleine gelbe Schaumstoffstücke stellen Löwenzahn dar.
Die lilanen Pflanzen sind kleine Blüten einer mir ansonsten unbekannten Pflanze. Ausgezupft und eingepflanzt.
Abschließend noch ein paar Pigmente ins Gras eingearbeitet und auf dem Bürgersteig und der Straße verteilt und noch ne Plakette angebracht.
Jetzt hat meine Freundin auch ihren rosa Panzer.